Wenn Du eine Reise nach Kathmandu planst oder vielleicht schon dort bist, wirst Du früher oder später auf die Idee kommen den hinduistischen Tempel Pashupatinath zu besuchen. Nach kurzem Recherchieren wird Dir auffallen, dass von Leichenverbrennungen die Rede ist.

„Was? Tote werden öffentlich verbrannt? Das möchte ich nicht sehen! Oder vielleicht doch?“ 

Ja, es werden Leichen verbrannt.

Nein, Du bezahlst nicht Eintritt, um Leichen verbrennen zu sehen, sondern um die Tempelanlage zu besuchen. Die Bestattungen dort werden nicht gemacht zur Touristenattraktion, sondern als normaler Bestandteil des hinduistischen Glaubens.

Wir möchten hier die Tatsachen aufzeigen, erklären wie die Leichenverbrennungen ablaufen und Dir helfen bei der Frage, ob Du Dir diese Kremationen ansehen möchtest.

Weshalb finden bei der Tempelanlage Pashupatinath Leichenverbrennungen statt?

Für Hindus ist es etwas grosses am Bagmati Fluss bestattet zu werden. Der Bagmati fliesst nämlich in den Ganges und ist somit auch ein heiliger Fluss. Zudem ist Pashupatinath der älteste Shiva Tempel.

Ein Toter muss innerhalb 12 Stunden verbrannt werden. Ihr Glaube ist, dass wenn man dort verbrannt und bestattet wird, keine weiteren Leben mehr leben muss und so den Wiedergeburt-Zyklus beendet.

Was passiert NICHT während den Leichenverbrennungen?

Keine offenen Verbrennungen: Oft werde ich gefragt, ob die Leichen in Flammen aufgehen. Keine Angst, man sieht keine Körper verbrennen. Es gibt auch keinen Grill-Geruch (ja, das wurde ich auch schon gefragt). Wie die Bestattung genau abläuft, liest Du gleich weiter unten.

Kein Fotomotiv: Die meisten Besucher sind so respektvoll, dass sie es mit dem fotografieren oder filmen sein lassen während die ganze Familie des Verstorbenen anwesend ist. Leider nicht alle, denn es gibt immer wieder die eine oder andere Person, die ein Filmchen von der Leiche und der Zeremonie macht. Doch das scheinen Ausnahmen zu sein. Du musst dir also keine Sorgen machen, dass du neben respektlosen Selfie-Enthusiasten sitzen musst.

Und was passiert nun wirklich?

Abhängig in welcher Kaste (eine Art soziale Stellung) der Verstorbene ist, wird er weiter oben beziehungsweise weiter unten am Fluss bestattet. Ein zweiter Unterschied ist, dass die Bestattungen der oberen Kasten meistens länger dauern.

Damit Du weisst, was Dich erwartet, werde ich Dir kurz den Ablauf der Bestattung und Leichenverbrennung schildern:

  1. Der Verstorbene wird nahe am Fluss hingelegt und in ein Tuch gewickelt. Nach dem Einwickeln siehst Du noch den Kopf und die Füsse. Diese werden vom ältesten Sohn mit Wasser aus dem Fluss gewaschen. In diesem Teil der Bestattung siehst Du die Leiche. Vor dem Einwickeln siehst Du sie ganz, aber sie wird meist sehr schnell mit den Tüchern zugedeckt. Danach bleibt sie eine zeitlang liegen und das Gesicht und Füsse sind frei. 
  2. Etwas später (wie lange sie da liegt kann variieren, aber es kann mal eine Stunde sein) wird sie von den Männern geholt und ein paar Stufen weiter weg vom Fluss wird der Körper in weitere Tücher gehüllt. Ab jetzt siehst Du keine Körperstellen mehr. 
  3. Sie tragen den Körper auf einer Trage zur Stelle der Kremation, wo schon ein Haufen aufgestapeltes Holz und Blumen wartet. Die Männer legen den Leichnam auf den Haufen und decken ihn mit noch mehr Holz, Blumen und eine Art Stroh zu.
  4. Der älteste Sohn zündet dann den Haufen unten an, somit fängt der Scheiterhaufen langsam an zu brennen. Du erkennst an diesem Punkt nicht mehr wo der Körper genau liegt, somit weisst Du auch nicht genau wann die Flammen ihn erreichen.
  5. Der Scheiterhaufen brennt und vor allem raucht er eine ganze Weile.
  6. Sobald nur noch Asche und Glut da liegen, fegt der Sohn dies in den Bagmati Fluss.

Wie sieht Dein Besuch aus?

Da Du nun weisst, wie die Leichenverbrennung verläuft, möchtest Du vielleicht wissen wo Du zuschauen kannst oder wie Du bei einem Besuch der Tempelanlage dieser Sache aus dem Weg gehen kannst.

Auf dieser Karte habe ich gekennzeichnet wo die Feuerstellen sind (rot) und der blaue Pfeil zeigt aus welcher Richtung Du höchstwahrscheinlich kommst. Auf beiden Seiten des Flusses ist die Tempelanlage.

Es ist also nicht einfach den Bestattungen aus dem Weg zu gehen, wenn Du die ganze Anlage besuchen möchtest. Du kannst aber auch einfach über die Brücke laufen ohne gross nach links oder rechts zu sehen. Die Rauchschwaden jedoch wirst Du nicht übersehen können. 

Um die Bestattung mitzuerleben, setzt Du Dich am besten auf die gegenüberliegenden Seite auf die Stufen und beobachtest das Ganze. Du wirst nicht alleine sein. 

Selbstverständlich solltest Du Dich respektvoll benehmen und falls Du gerne ein Foto machen willst, wartest Du am besten bis der Scheiterhaufen brennt und nicht mehr die ganze Familie drum herum steht.

Es kann sein, dass Familienmitglieder weinen. Auf das solltest Du Dich einstellen, denn das kann einem schon Nahe gehen.

Auf diesen Treppen kannst Du Dich hinsetzen und zusehen

Weshalb haben wir die Leichenverbrennungen von Pashupatinath besucht?

Manchmal höre ich von Personen, die die Bestattungen nicht besuchen wollen, dass sie es geschmacklos finden an eine fremde Feuer-Beerdigung zu gehen. Dass dies nur Schaulustige tun.

Doch für uns hat das nichts mit Schaulustigkeit zu tun. Sondern mit tiefen Respekt gegenüber den Toten und den hinduistischen Traditionen. 

Wir, also vor allem ich, wollten erleben wie andere Kulturen mit dem Tod umgehen. Den Tod anders zu erleben, als dies normalerweise im Westen der Fall ist, war einer meiner Gründe. In Europa ist und bleibt es ein grosses Tabu-Thema und wird deshalb auch immer weit weg geschoben. Selten haben die Leute der jüngeren Generationen jemals eine Leiche gesehen und wenn die Oma stirbt wird sie schnell weggebracht. 

Für mich sollte und wurde es ein spiritueller Moment. Aber es fühlte sich auch viel normaler an als erwartet.

Wir haben zwei ältere Frauen gesehen, die bestattet wurden. Da wir nicht den Haupteingang genommen haben (Geheimtipp 😉 ), sind wir aus versehen direkt bei der Familie und der Toten gelandet. So haben wir alles von ganz Nahe mitbekommen. Für die Familie war das in Ordnung, ich fühlte mich nach einer Weile jedoch etwas komisch dabei und auch wir haben uns dann auf das gegenüberliegende Ufer gesetzt.

So sieht es aus, wenn der Scheiterhaufen schon eine Weile brennt

Ich hoffe ich konnte Dir bei der Entscheidung die Leichenverbrennungen zu besuchen weiterhelfen. Bitte schreibe uns in den Kommentaren falls Du Fragen hast oder erzähle uns von Deinen Erlebnissen zu dem Thema. Wir freuen uns sehr von Dir zu hören!

Wenn Du gerne sehen möchtest was wir tun, wenn wir gerade nicht in Tempelanlagen unterwegs sind, dann folge uns auf Facebook und Instagram 🙂