Der Huemul Trek in Argentinien ist eine dieser Wanderung die man nicht mehr so schnell vergisst. Alle Infos, meine Packliste als PDF, nützliche Links, Offline Karten und das GPX File zum Download für die offline Navigation findest Du >HIER<.

Hier liege ich nun in einer der verlassensten Region Patagoniens. Mit meinem Gesicht fest an die Felswand gedrückt, meine Knie schmerzen. Der Wind rüttelt mit weit über 100km/h an meinem 20kg schweren Rucksack. Hinzu kommt der feine Sand den der Wind mit sich führt. Wie kleine Nadeln presst der Wind sie gegen mein Gesicht.

Meine Hände klammern sich mit aller Kraft an einigen Felsvorsprüngen fest. Die Sinne werden schärfer, das Adrenalin schiesst durch meinen Körper bis in die letzten Zellen, die Gedanken rasen. Geistesblitze jagen mir durch den Kopf. «Was habe ich mir dabei nur gedacht, hast du dich selbst mal wieder überschätzt, wieso tue ich das überhaupt, ist es an der Zeit aufzugeben?». Fragen über Fragen.

Einen kurzen Moment lang wird der eisige Wind schwächer. Ich hebe meinen Kopf und mache mir ein Bild der Situation in die ich mich geritten habe. Rechts befindet sich eine 500 Meter tiefe Schlucht. Am Ende dieser gewaltigen Schlucht liegt der massive Gletscher Viedma mit seinen gefährlichen Gletscherspalten. Links von mir die senkrechte Felswand an welcher ich mich festhalte. Ich bete zu Gott.

Doch zurück zum Anfang, an dem das ganze Abenteuer seinen Lauf genommen hat.

Vorwort zum Huemul Trek

Schon seit einiger Zeit befasse ich mich damit, welche Wanderungen ich in Patagonien unternehmen möchte. Umso grösser ist die Vorfreude als wir endlich im Wanderparadies El Chalten im Nationalpark Los Glaciares in Argentinien ankommen. Der Huemul Trek ist einer der schönsten und anstrengendsten Wanderungen in Südamerika. Herausforderung angenommen!

INFO

Der Huemul Trek ist benannt nach dem Huemul. Auf Deutsch: Südandenhirsch. Diese Hirsch Art ist stark gefährdet. Der Südandenhirsch lebt hauptsächlich in den Andengebieten von Chile und Argentinien. Von Meereshöhe bis auf 3000 Meter über Meer besiedelt er Täler sowie Berge. Laut Schätzungen gibt es nur noch zwischen 1000-1500 Exemplare.

Vorbereitung

Seit mehreren Tagen bereite ich meine Packliste für Lebensmittel und sonstige wichtige Gegenstände vor welche ich auf meine 4 tägige Wanderung auf dem Huemul Trek mitführe. Kletterausrüstung, Gaskocher, Regenjacke, warme Kleidung. Alles muss mit. Denn die Wildnis Patagoniens ist unberechenbar. Von einer Minute auf die nächste können sich Wind und Wetter gegen Dich verschwören. 

Zwei Tage zuvor registriere ich mich beim Park Ranger für den Huemul Trek, erledige alle Formalitäten und bekomme einige Sicherheitsinstruktionen welche ich beachten muss während der Wanderung.

Infos und Wichtiges zum Huemul Trek

  • Name: Huemul Trek / Huemul Circuit / Vuelta de Huemul
  • Start: El Chalten, Provinz Chubut, Argentinien / Guardaparque
  • Ziel: El Chalten, Provinz Chubut, Argentinien / Guardaparque
  • Distanz: 65km
  • Dauer: 4-5 Tage
  • Anstieg: 2408m
  • Abstieg: 2408m
  • Schwierigkeit: Schwer
  • Meine Navigations App Mapy inkl. gratis topografische offline Karten (sehr zu empfehlen, speziell zum wandern und offline navigieren)
  • Den Klettergurt für den Huemul Trek habe ich im Ort El Chalten bei “Camping Center” für 400 Argentinische Pesos pro Tag gemietet (etwa 5,70€ pro Tag, stand März 2020)
  • Meine Packliste für den Huemel Trek als PDF (Rechtsklick, Speichern unter…)

1. Tag – El Chalten bis Campamento Laguna Toro

Huemul Trek Tag 1: Distanz: 16Km – Aufstieg: 700Hm / Abstieg: 450Hm Dauer: 6h 30min

Es ist 05.00 in der Früh. Mein Wecker klingelt. Sofort bin ich hellwach. Heute ist der Tag, endlich! Der Huemul Trek ruft! Die Sonne ist weit und breit noch nicht zu sehen. Nur der Mond wirft etwas Licht in unseren Van Paco. Es ist an der Zeit mich für den grossen Tag bereit zu machen. Ich möchte noch bevor die Sonne am Himmel steht losgehen. Zum Frühstück gibt’s weissen Reis mit Linsen. Ähnlich dem Dahl Bhat in Nepal. Als ich 4 Wochen durch die Himalayas gewandert bin. Doch dies ist eine andere Geschichte.

Ein wenig aufgeregt und voller Anspannung verabschiede ich mich von meiner geliebten Patricia. Denn es ist Zeit loszugehen. Ein letzter Kuss und eine innige Umarmung später verlasse ich den Campingplatz auf dem wir parkiert haben.

Es ist 06.34 und noch ist der Mond meine einzige Lichtquelle. Schnellen Schrittes gehe ich an der Blockhütte des Parkwächters vorbei. Von weitem sehe ich wie eine Person mit Taschenlampe die Blockhütte verlässt und in ein Auto steigt. «Hoffentlich werde ich nicht aufgehalten» dachte ich. Doch es gibt keinen Grund dazu, denn ich bin korrekt registriert und trage die vorgeschriebene Ausrüstung mit mir, welche ich für die Wanderung benötige.

Guter Laune und hoch motiviert wandere ich weiter in Richtung Berge, in ein Abenteuer dessen Ausmass ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht kenne.

Langsam erhellt die aufgehende Sonne meinen Pfad. Die ersten Stunden führen mich über Kuhweiden, durch Patagonische Wälder weiter auf Grashügeln in Richtung Gebirge.

Habe ich schon erwähnt dass ich seit einigen Wochen oftmals Knieschmerzen beim Wandern kriege?

Seit der Wanderung zu den Torres del Paine habe ich oftmals Schmerzen in den Knien. Vermutlich vom schweren Rucksack und den steilen Wanderwegen. Hinzu kommt das meine Achillessehnen während dieser Wanderung auch ein wenig überstrapaziert wurden. Nun ist es wieder soweit. Langsam aber ganz leicht schleichen sich diese Schmerzen wieder ein. Doch bis jetzt noch immer aushaltbar.

Das Wetter ist beständig. Nur einige Tropfen, hin und wieder, fallen vom Himmel. Von weitem erkenne ich einen Regenbogen.

Der Wind bläst in angenehmer Geschwindigkeit. Doch plötzlich kreuzt ein kleiner Fluss meinen Weg. Es wird Zeit die Wanderschuhe gegen meine Crocs zu tauschen. Das eisige Gletscherwasser brennt auf meiner Haut und lässt alles erstarren. Am andern Ufer angekommen muss ich meine Füsse erstmal an der Sonne trocknen und aufwärmen.

Ich bin schneller als erwartet, bereits um 13.30 erreiche ich mein heutiges Tagesziel. Das Campamento Laguna Toro. Ein kleines Camp, in einem Wald. Gut geschützt vor dem vorbeiziehenden Wind. Andere Wanderer vor mir haben aus dem herumliegenden Holz einen Windschutz für ihre Zelte gebaut. Ich suche mir den besten Platz, denn ich bin der einzige. Niemand weit und breit. Ich frage mich, ob das so bleiben wird? Denn ich liebe die Abgeschiedenheit weit draussen in der Wildnis. Das ist eine meiner Motivationen beim Wandern. Fern ab von jeglichen Menschen, ohne Zeit, Lärm oder Stress. Nur ich und die Natur.

Fürs heutige Festmahl gibt’s Nudelsuppe und ein gekochtes Ei. Den Rest des Nachmittags verbringe ich mit ausruhen und damit die umliegende Landschaft zu erkunden. Abends, etwa um 19.00, begebe ich mich in mein Zelt und schaue mir die morgige Etappe an. Schon bald schlafe ich ein unter den rauschenden Bäumen Patagoniens.

2. Tag – Campamento Laguna Toro bis Refugio Paso del Viento

Huemul Trek Tag 2: Distanz: 13km Aufstieg: 800Hm / Abstieg: 520Hm Dauer 7h 30min

Es ist 05.07 als ich verschlafen auf mein Handy schaue. Schnell realisiere ich wieder, dass ich nicht wie gewohnt in unserem Van Paco aufwache, sondern im Nationalpark Los Glaciares. Meine Mission: Der Huemul Trek. Heute steht eine anstrengende Etappe an. Auf dem Tagesablauf stehen eine Schluchtüberquerung an einer Tirolesa, eine Gletscherpassage und zu guter Letzt die Passüberquerung des «Paso del Viento». Welcher seinem Namen meist alle Ehre erweist. (Viento=Wind)

Guten Mutes und trotzdem mit einem etwas mulmigen Gefühl packe ich meinen Rucksack. Die Windvorhersage, welche ich zwei Tage zuvor, auf meinem Smartphone gespeichert habe zeigt mir dass es gegen Mittag starken Wind geben soll. Sobald die ersten Sonnenstrahlen die Berglandschaft erhellt begebe ich mich auf den Weg, in der Hoffnung dem starken Wind zuvorzukommen.

Langsam aber mit bestimmten Schritt komme ich der Schlucht Überquerung immer näher. In meinem Kopf gehe ich mehrmals die Sicherheitshinweise des Parkwächters durch. Ich habe einige Fotos der Anweisungen gemacht und versuche sie immer wieder in meinen Gedanken abzuspielen.

Nach einigem auf und ab liegt sie nun vor mir, die erste Tirolesa die ich benutzen muss.

Eine Drahtseil Konstruktion welche von meiner Seite auf die gegenüberliegende führt. In der Mitte der sogenannte «Pully», welcher als mein Zugwagen dient. Langsam und mit geschärften Sinnen ziehe ich meinen Klettergurt an. Ich kontrolliere jeden einzelnen Gurt und Karabiner. Ganz wohl ist mir bei dieser Sache nicht. Mein Puls erhöht sich und in meinen Gedanken gehe ich die ganze Prozedur immer und immer wieder durch. Nun ist es an der Zeit. «Fertig mit weichen Knien, das haben schon viele vor mir gepackt» sage ich zu mir.

Zuerst muss ich den Pully, der in der Mitte des Drahtseiles hängt, auf meine Seite holen. Ich schliesse meinen eisernen Karabiner direkt ans Stahlseil und schraube ihn fest zu. An der Sicherheitsleine habe ich einen zweiten Karabiner aus Aluminium. Den hänge ich als letzte Sicherheit auch ans Stahlseil. Nun geht’s ab in die Mitte. Mit zitternden Armen ziehe ich mich langsam zur Mitte des Drahtseils. Unter mir der laut tosende und reisserische Gletscherfluss Rio Tunel. In der Mitte angekommen greife ich schnell nach dem Pully und ziehe mich wieder zurück ans sichere Ende meines Ausgangspunktes.

Jetzt wird’s ernst!

Ich schliesse mich mit dem Aluminium Karabiner direkt an den Pully. Den eisernen Karabiner verbinde ich mit der Sicherheitsleine direkt ans Drahtseil. Dieser gilt jetzt als letzte Sicherheit vor dem Absturz. An den eisernen Karabiner hänge ich zusätzlich meinen Rucksack. So bin ich beweglicher bei der Ankunft auf der gegenüberliegenden Seite.

Ich kontrolliere nochmal jeden Verbindungspunkt und vertraue darauf, dass mich dieses verrückte Vorhaben nicht das Leben kostet. Meine Augen fokussieren die andere Seite und ich arbeite mich langsam, Zug für Zug, weiter über den reisserischen Fluss. Mit viel Kraftaufwand schaffe ich es ins Ziel. Um das Gefühl von festem Boden unter den Füssen wieder zu erlangen stehe ich erstmal einige Sekunden reglos da.

Die Felswand ist hier um einiges ungemütlicher und eignet sich nicht sehr gut für einen sicheren Halt, vor allem nicht mit meinen weichen Knien.

Bevor ich mich vom Drahtseil löse versuche ich mit aller Kraft meinen 20kg schweren Rucksack vom Karabiner zu lösen und sicher zu platzieren. Nach einigen versuchen gelingt mir dieses Vorhaben, anschliessend kann ich mich mit gutem Gewissen niederlassen. Endlich löst sich meine Anspannung und ich kann wieder richtig ausatmen. Ich verspüre ein wenig Stolz. Anschliessend hacke ich das erste grosse Hindernis des heutigen Tages ab. Schon bald beginne ich mich auf die nächste Passage, die Gletscherüberquerung, geistig vorzubereiten.

Über viel Geröll und einen steinigen fast unsichtbaren Pfad gelange ich an die Ausläufer des Glaciar Tunel. Ganz so wohl ist mir nicht beim Gedanken daran, dass ich einen Teil des Weges auf dem Gletscher zurücklegen muss. In meinem Kopf probiere ich alle Informationen abzurufen welche ich über Gletscher, Schnee und Eis habe. Bevor ich meinen ersten Fuss auf das tausende Jahre alte Eis setze, beobachte ich die ganze Situation akribisch genau und versuche mir im Kopf einen ungefähren Weg zurechtzulegen. Denn einen offiziellen Weg oder Trittspuren gibt es nicht. Die Überquerung des Gletschers ist immer der momentanen Situation und Wetterbedingungen anzupassen.

Ich starte die GPS-Ortung am Smartphone um meinen genauen Standort zu ermitteln und das weitere Vorgehen zu planen. Doch was ist da los?

«Kein GPS-Signal, Position kann nicht ermittelt werden!» lese ich auf dem Display.

«Wieso denn das, genau jetzt?», frage ich mich. Ich starte mein Smartphone mehrmals neu, probiere eine andere App, welche ich auch für den Offlinegebrauch eingerichtet habe. Doch das GPS-Signal funktioniert nicht. Was nun? Mein Herz beginnt schneller zu schlagen. An Orten an welchen es keine sichtbaren Wege oder Markierungen gibt ist ein funktionierendes GPS Signal oftmals der «Fels in der Brandung».

Eine Lösung muss her! Zum Glück führe ich beim Wandern meistens ein Reserve Smartphone mit, welches dieselben Offline Karten besitzt. Schnell packe ich das Smartphone aus und starte es. Voller Hoffnung starre ich auf die Navigations App und versuche meine Position zu orten. Endlich, es tut sich was. Der blaue Kreis auf dem Display beginnt sich zu bewegen. Nach einigem Hin und Her lokalisiert er meinen Standort und ich kann erleichtert ausatmen.

«Genug Zeit verloren, ich muss weiter!» geht mir durch den Kopf. Denn der Wind beginnt schon langsam stärker zu werden. Das Wetter ist nur leicht bewölkt und sehr sonnig.

Von oben auf den Gletscher Rio Tunel herabschauend lege ich mir einen ungefähren Weg zurecht. Danach betrete ich das Eis und überquere den Gletscher parallel zum Berg entlang. Kleine Bäche aus Schmelzwasser bahnen sich ihren Weg über den Gletscher. Mit geschärften Sinnen bleibe ich alle 50 Meter ruhig stehen und beobachte meine Umgebung. Nicht auszudenken was passieren würde, wenn sich eine Gletscherspalte unter der starken Sonne Patagoniens öffnet und mich in ihre endlosen Tiefen ziehen würde. Schnell beschliesse ich diese Gedanken zu verwerfen. Auf dem Eis befindet sich sehr viel Schutt und Geröll des gegenüberliegenden Berges. So gelingt es mir ohne Steigeisen den Gletscher zu traversieren.

Das Eis bricht die grelle Sonne auf ihrer Oberfläche und blendet mich. Es ist schwierig auf meine Sicherheit zu achten, wenn man nicht viel sieht.

Ich beginne schneller zu gehen und versuche das Ende des Gletschers so schnell es möglich ist zu erreichen. Doch plötzlich sehe ich vor mir eine Gletscherspalte. «Wie tief die wohl sein mag?» frage ich mich. Ich nehme einen Stein und werfe ihn hinein. Ich höre nichts. Kein Aufschlagen, kein Plätschern. Nur Stille. Ich beschliesse einige Meter zurück zu gehen um einen anderen Weg zu finden. Gott sei Dank! Am äussersten Ende des Gletschers gibt es eine kleine Rinne welche mich sicher bis zum Ende des Gletschers führt.

Jetzt wird’s anstrengend. Ich muss ohne sichtbaren Weg eine Strecke von etwa 100m mit rutschigem Schotter fast senkrecht hinaufklettern. Damit ich den Pfad meiner Navigations App wieder erreiche. Es fühlt sich an wie ein Schritt vor und zwei Schritte zurück. Mit meinen Wanderstöcken versuche ich die Balance zu halten. Manchmal muss ich mich auf den Knien und mit meinen Händen an dem rutschenden Geröll festhalten. Welches mich langsam wieder einige Meter in die Tiefe trägt. Kein angenehmes Gefühl diesem Schotter ausgeliefert zu sein. Langsam und mit Geduld schaffe ich es dennoch diese 100meter steile Geröllwand hinaufzuklettern. Endlich sehe ich von weitem wieder ein kleines Steinmännchen und sogleich fällt mir ein «Stein» vom Herzen. Nun kann ich mit viel Fantasie wieder einen kleinen Pfad ausmachen welcher mich weiter Richtung Paso del Viento führt.

Nun geht’s weiter zur dritten grossen Hürde des heutigen Tages.

Der Paso del Viento auf 1400 Meter über Meer. Für uns Europäer welche höhere Berge gewohnt sind scheint dies nicht viel. Doch wir befinden uns in Patagonien. Bekannt für seine hohen Windgeschwindigkeiten macht er seinem Namen alle Ehre. Nur heute stimmt etwas nicht mit dem Wind. Denn es ist ein sehr windstiller Tag. Die Sonne brennt mit voller Kraft über dem Himmel Patagoniens.

Der hinter mir liegende Gletscher Rio Tunel und seine Eismassen spiegeln das grelle Licht unangenehm. Auf meiner Stirn bilden sich Schweisstropfen, gemischt mit Sonnencreme welche nach und nach in meine Augen kullern. Sie hinterlassen einen brennenden Schmerz in meinen Augen. Zum einen wegen des Salzgehaltes im Schweiss und aufgrund der Chemie in der Sonnencreme.

Als wäre das brennende Stechen in meinen Augen nicht genug, so melden sich die alltäglichen Schmerzen in den Knien immer stärker zurück. Schritt für Schritt und Stich für Stich kämpfe ich mich langsam aber stetig hinauf zum Pass. Von Zeit zu Zeit drehe ich mich um und versuche die Aussicht zu geniessen sofern es meine brennenden Augen noch zulassen. Ich halte an der Hoffnung fest, auf der anderen Seite des Berges mehr Schatten und Wind zu finden welcher mich abkühlt.

Endlich auf dem Paso del Viento angekommen sehe ich das ganze Ausmass meiner Anstrengung.

Von über 1400 Meter über Meer kann ich meine zurückgelegte Route fast komplett überblicken. Doch das wahrlich erstaunlichste erblicke ich auf der anderen Seite des Paso del Viento. Die grösste und schönste Eismasse die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe. Eine perfekte Symbiose aus Schnee, Eis, Wind und Berge. Hinzu kommt die Sonne welche das Eis in verschiedenen Farben erstrahlen lässt. Unmöglich diese Schönheit in einem Foto festzuhalten. Bei diesem Anblick bekomme ich feuchte Augen. Aber dieses mal nicht vom Schweiss oder der Sonnencreme. Vor mir liegt die grösste Eismasse der Welt, nach den Polar-/ Antarktis Gletschern. Das Patagonische Eismeer mit seiner Länge von 350km und 40km Breite ist für das Wetter und Klima in Südamerika verantwortlich. Diese gewaltige Eismasse ist zugleich die Grenze zwischen Chile und Argentinien.

Nach dem kläglich gescheiterten Versuch, die atemberaubende Schönheit dieser unwirklichen Landschaft irgendwie auf Video oder Fotos festzuhalten, begebe ich mich langsam an den Abstieg. Dieser verläuft erst Steil über rutschiges Geröll, nach kurzer Zeit aber auf gemütlichem Weg leicht abwärts. Einem kleinen Bach folge ich schlendern bis zum Ende der heutigen Etappe. Je näher ich dem Ziel komme umso stärker melden sich meine Knie wieder zurück. Das Refugio Paso del Viento welches an einem kleinen Bach liegt ist mein langersehntes Tagesziel.

Es ist bereits 15.00 Uhr und es wird Zeit fürs Essen.

Mein heutiges Festmahl besteht aus Reis und Kürbissuppe aus dem Beutel. Guten Appetit flüstere ich leise zu mir selbst.

Laut meinem Wanderbuch gibt es um das Refugio eine grosse Mäusepopulation welche stets Hunger hat. Durch die Lebensmittel der Wanderer finden diese kleinen Tiere immer genug Nahrung. Egal ob Sommer oder Winter. Während ich mein Zelt aufbaue entdecke ich auch schon einige der niedlichen Viecher.

Nach meinem ausgedehnten Festmahl setze ich mich an die Sonne und geniesse die letzten Sonnenstrahlen bevor die Sonne sich hinter den Bergen zur Ruhe setzt und langsam den kalten Wind mit sich bringt.

Was sehe ich da von weitem? Kurz vor Nachteinbruch entdecke ich zwei Personen welche auf das Refugio zusteuern. Ich dachte schon dass ich der einzige in diesem National Park wäre.

Obwohl es noch immer Sommerzeit bzw. Hochsaison ist, bin ich auf ungewöhnlich wenige Menschen hier im National Park gestossen.

Ich gehe auf die zwei Unbekannten zu, begrüsse sie und heisse sie Willkommen im Refugio Paso del Viento. „Where are you from?“ frage ich. „Australia“ kriege ich zur Antwort. Sie beide stellen sich vor als Nick & Sarah von Down Under, Australien. „Und wie war eure Tagesetappe heute?“ fragte ich. Und jetzt kommts, denn sowas hätte ich nicht erwartet. Sie erklärten mir das Unglaubliche. Der Park wurde geschlossen aufgrund des Corona Virus. Zudem sind fast alle Parkwächter inklusive Rettungspersonal nach Hause gefahren. Wir sind also auf uns alleine gestellt im Fall der Fälle. Die beiden sind heute Morgen um 04.00 in den Park geschlichen, ohne jegliche Registrierung oder Anmeldung für den Huemul Trek und seit etwa 15h fast ohne Unterbruch unterwegs.

Etwas nachdenklich wünsche ich den beiden gute Nacht und bin mit meinen Gedanken bei meiner geliebten Patricia. Müde und zufrieden falle ich in meinem Zelt in den Schlaf.

3. Tag – Refugio Paso del Viento bis Bahia Tempanos

Huemul Trek Tag 3: Strecke 18km – Aufstieg: 430Hm / Abstieg: 1100Hm Dauer: 8h 30min

Es ist 03.30 da weckt mich der Wind der über mein Zelt fegt. Einschlafen kann ich nicht mehr, denn es ist sehr kalt und laut. Trotzdem versuche ich noch die letzten Stunden bis zum Sonnenaufgang etwas zu entspannen. Endlich, mein Wecker klingelt. Es ist 06.30 Uhr, noch immer ist es dunkel. Nur das Licht meiner Stirnlampe erhellt mein Zelt. Mühsam versuche ich in meinem kleinen Zelt langsam alles zu packen und esse meine gestrige Portion Reis zu Ende.

Ich denke an Patricia, wie es ihr wohl ergehen mag. Die Information, dass der Park geschlossen wurde ist bestimmt keine gute Nachricht, geht mir durch den Kopf. Ich hoffe und glaube fest daran dass sie sich keine Sorgen macht. Hier in dieser verlassenen Region Patagoniens gibt es weder Telefon Signal noch irgendeine andere Art zu kommunizieren. Hinzu kommt, dass auch keine anderen Menschen in der Nähe sind ausser die zwei Australier die ich einen Tag zuvor kennengelernt habe. Es gibt mir ein besseres Gefühl zu wissen dass im Notfall trotzdem noch andere Menschen in der Nähe wären. Nur schon der Gedanke daran hinterlässt bei mir ein positives Gefühl.

Nun wird es aber Zeit. Es ist 07.40 Uhr und ich schreite mit schnellem Schritt voran.

Einen letzten Blick zurück auf meinen Schlafplatz. Da sehe ich wie die Sonne über den Bergen aufgeht und ein kleiner Regenbogen erscheint. Als ob er mir alles Gute für den heutigen Tag wünschen möchte. Denn heute steht ein weiterer anstrengender Tag vor mir. Der Paso Huemul wird meine erste Hürde, doch der Abstieg von 750 Höhenmeter auf der gegenüberliegenden Seite des Paso Huemul sollte noch um einiges schwerer werden.

Laut meiner Windvorhersage sollte ich noch vor 11.00 den Pass überqueren. Weil ab 10.00 Uhr werden die Windstärken drastisch ansteigen. Solche Windgeschwindigkeiten haben in Patagonien schon viele unterschätzt. Würde der Wind zu stark werden, während dem Aufstieg, müsste ich allenfalls umkehren und wieder zurück ins Refugio Paso del Viento. Um es dann am nächsten Tag nochmal zu probieren. Darum bemühe ich mich den Aufstieg so schnell es möglich ist hinter mich zu bringen.

Langsam beginne ich wieder die Schmerzen in meinen Sehnen zu spüren, kurz darauf auch meine Knie.

Der Pfad verläuft zu Beginn sehr gemütlich mit nur leichter Steigung in Richtung Paso Huemul. Der Weg welchen man nicht mehr als Weg bezeichnen kann wird immer steiler und schmäler. Jetzt geht’s an die letzten 300 Höhenmeter Aufstieg.  Je höher ich steige umso stärker der Wind. Denn dieser Teil des Aufstiegs ist voll und ganz dem Wind des Viedma Gletschers ausgesetzt. Mühsam kämpfe ich mich voran. Langsam, Schritt für Schritt. Meine Augen immer auf den Weg gerichtet. Vorsicht, noch ein Windstoss.

Hier liege ich nun in einer der verlassensten Region Patagoniens. Mit meinem Gesicht fest an die Felswand gedrückt, meine Knie schmerzen. Der Wind rüttelt mit weit über 100km/h an meinem 20kg schweren Rucksack. Hinzu kommt der feine Sand den der Wind mit sich führt. Wie kleine Nadeln presst der Wind sie gegen mein Gesicht.

Meine Hände klammern sich mit aller Kraft an einigen Felsvorsprüngen fest.

Die Sinne werden schärfer, das Adrenalin schiesst durch meinen Körper bis in die letzten Zellen, die Gedanken rasen. Geistesblitze jagen mir durch den Kopf. «Was habe ich mir dabei nur gedacht, hast du dich selbst mal wieder überschätzt, wieso tue ich das überhaupt, ist es an der Zeit aufzugeben?». Fragen über Fragen.

Einen kurzen Moment lang wird der eisige Wind etwas schwächer. Ich hebe meinen Kopf und mache mir ein Bild der gesamten Situation in die ich mich geritten habe. Rechts befindet sich eine 500 Meter tiefe Schlucht. Am Ende dieser gewaltigen Schlucht liegt der massive Gletscher Viedma mit seinen gefährlichen Gletscherspalten. Links von mir die senkrechte Felswand an welcher ich mich festhalte. Ich bete zu Gott und bitte ihn um seinen Schutz.

«Warte ich noch länger, wird der Wind stärker» geht mir durch den Kopf.

So entscheide ich mich für den weiteren Aufstieg. Langsam und gebückt schleiche ich den kleinen Pfad hinauf. Immer wieder muss ich mich zu Boden legen um dem Wind zu trotzen. Immer wieder peitscht der Wind auf meinen Rucksack. Es ist schwierig das Gleichgewicht zu halten. Trotzdem treibe ich mich selbst voran. Ständig rede ich mir ein dass es auf der anderen Seite beim Abstieg weniger Wind gibt.

Ich stehe auf und schreite einige Meter voran. Der Wind welcher mich erfasst wird immer stärker und schiebt mich mit unvergleichbarer Kraft plötzlich um etwa 20 Meter den Berg hinauf. Ohne dass ich mich anstrenge trägt er mich. Meine Beine zittern als ich wieder zum Stillstand komme. Was war dass denn? In benötige einige Sekunden um die ganze Situation zu verarbeiten.

Mein windiger Aufstieg zum Paso Huemul!💨
Nun sind es nur noch einige Meter

Die Schmerzen in den Knien und Sehnen können mich jetzt nicht mehr aufhalten. «Es wird Zeit endlich den Pass zu erreichen» geht mir durch den Kopf. Zehn Minuten später habe ich es endlich geschafft. Es ist 13.05 Uhr. Schnell schiesse ich noch ein letztes Foto dieser unwirklichen Eismasse welche hinter mir liegt. Im grellen Sonnenlicht erleuchten die gefährlichen Gletscherspalten in einem hellen Blau. Was für ein Anblick, unmöglich es in Worte zu fassen. Erleichtert setze ich mich zu Boden und danke Gott für seine Hilfe.

Ein Stein fällt mir vom Herzen. Der schwierigste Teil ist geschafft, nun geht es 750 Höhenmeter talwärts. Laut meiner Navigations App (Mapy.cz) geht es jetzt mit einem Gefälle von bis zu -75% abwärts . Durch dichte Büsche und Bäume, welche kaum grösser als 1 Meter sind, gehe ich guten Mutes voran.

Diese Seite des Cerro Huemul ist Grüner und Windstiller. Der Weg ist manchmal schwer zu deuten. Immer wieder muss ich mein GPS nutzen um auf dem korrekten Weg zu bleiben.

Plötzlich stehe ich an einer Felswand. Eine Sackgasse.

Wie geht’s nun weiter? Einige Meter entfernt sehe ich Fussspuren. Unmöglich für mich mit meinem Rucksack diesen 20cm breiten Felsvorsprung zu traversieren. Zu meiner rechten wären es etwa 600 Meter Senkrecht ins nichts. Ich kehre um und gehe an die letzte Stelle zurück welche als Weg ersichtlich war. Eine kleine Steinlawine muss den Weg verschüttet haben.

Über die Steine welche eine senkrechte Bahn durch dieses dichte Gewächs von Büschen und Bäumen gebahnt haben klettere ich hinauf. Endlich kann ich wieder einen Pfad erkennen. Der Boden ist staubig, ständig rutsche ich und falle zu Boden. Mit meinem linken Wanderstock verfange ich mich in irgendwelchen Wurzeln. Fast geht mein treuer Wanderstock zu Bruch. Oftmals kann ich mich an Wurzel oder ästen festhalten um die steilen und gefährlichen Stellen sicher hinter mir zu lassen.

Während dem Abstieg werden meine Schmerzen in den Knien immer stärker.

Mehrere kurze Pausen sind nötig. Oftmals kann ich nicht mehr als 100 Meter gehen. Es fühlt sich an als ob eine rostige Schraube langsam zwischen Kniescheibe und Knochen getrieben wird. Schritt für Schritt, Umdrehung für Umdrehung.

Es wird langsam Zeit fürs heutige Tagesziel. Denn ich habe kein Trinkwasser mehr. Um ein wenig Wind wäre ich jetzt froh. Denn die Sonne brennt mir direkt auf den Kopf. «Weit ist es nicht mehr» sage ich mir ständig.

Endlich auf flachem Gelände angekommen kann ich auch schon mein heutiges Camp ausmachen. Es liegt wunderschön in der Bahia de los Tempanos (spanisch für «Bucht der Eisberge») am Lago Viedma.

Hier am Lago Viedma mündet der Gletscher Viedma in einem riesigen See. Ein See voller eisigem Gletscherwasser. Dies sieht man auch an seiner milchigen, leicht grünlichen Farbe. Von weitem sehe ich einen kleinen Eisbrocken langsam vorbeiziehen. Es ist 15.30Uhr, ich errichte mein Zelt und koche mein wohlverdientes Mittagessen. Heute steht Couscous auf dem Speiseplan. Einfach aber gut.

Einige Stunden später erreichen auch die zwei Australier ihr heutiges Tagesziel. Mit einigen kurzen Sätzen tauschen wir das heutige Erlebnis aus. Schon bald geht’s ab ins Zelt um dem eisigen Wind zu entfliehen welcher vom Gletschersee über die Bahia de los Tempanos zieht.

Ich lasse mir nochmal den heutigen Tag durch den Kopf gehen und falle alsbald in tiefsten Schlaf.

4. Tag – Bahia Tempanos bis Bahia Cabo de Hornos

Huemul Trek Tag 4: Distanz : 4km – Aufstieg 42Hm / Abstieg: 47Hm – Dauer: 1h

Es ist 06:56 Uhr, ein paar wenige Sonnenstrahlen bahnen ihren Weg gen Himmel. Ich öffne mein Zelt. Und siehe da, zu meinem Erstaunen sehe ich drei grosse Eisberge in der Bucht. Nur einige Meter weit entfernt von meinem Zelt. Während der letzten Stunden in der Nacht müssen wohl einige Eisblöcke vom Gletscher Viedma in die Bahia de los Tempanos gespült worden sein um ihrem Namen alle Ehre zu machen. Ein magisches Schauspiel. Die aufgehende rot schimmernde Sonne beleuchtet die Eisberge in Farben welche ich nicht mal zu träumen wagte. Ein Naturschauspiel welches man nicht täglich zu Gesicht bekommt. Ich staune immer wieder. Eisberge, zum Greifen nah. Tausende Jahre altes Eis, welches nur darauf wartet endlich von der Sonne zersetzt zu werden. Ich kriege einen kleinen Eisbrocken zu fassen und koste das glasklare Eis.

Ein unwirkliches Schauspiel. Für mindestens 2h sitze und beobachte ich dieses Spektakel. Ein paar Freudentränen bahnen ihren Weg über mein Gesicht. Ich kann kaum genug kriegen. Es fällt mir schwer mich loszureissen. Doch es ist schon 09.30. Ich entscheide mich aufgrund der gestrigen Schmerzen und Strapazen der letzten Tage für einen Tag ruhe.

Der nächste Campingplatz, welchen ich auf meiner App ausmachen konnte liegt nur etwa 4km entfernt.

Um meinen Knien einen Tag Auszeit zu gönnen beschliesse ich, dass dies mein heutiges Tagesziel sein wird.

Ich verabschiede mich von den beiden Australiern und gehe langsam schlendernd los. Der Weg führt über eine von Unmengen an Hasen bevölkerte Wiese. Ständig ziehen sie mit grosser Geschwindigkeit vorbei. Schon nach einer Stunde erreiche ich mein Ziel an der Bahia Cabo de Hornos. Um meine Knie und Sehen zu schonen lasse ich mich heute hier nieder. Nur einige Meter vom Wasser entfernt gibt es einen vom Wind geschützten Zeltplatz.

Den Rest des Tages verbringe ich mit umherschlendern, auskundschaften und kochen. Diese Auszeit war dringend nötig. Mit meinem Smartphone bereite ich mich auf die letzte Etappe vor. Zurück zu meiner geliebten Patricia in El Chalten. Von Tag zu Tag vermisse ich sie mehr.

Je später es wird umso stärker wird der Wind. Ich befestige mein Zelt zusätzlich mit Steinen. In der Hoffnung dass es nicht davongetragen wird.

Heute gibt’s Maisbrei aus Polenta, Wasser und Salz. Ein gekochtes Ei und ein paar Erdnüsse. Der Wind wird immer stärker. Ich verkrieche mich in mein Zelt und hoffe auf eine ruhige Nacht. Doch leider ist es diese Nacht nicht ganz so ruhig. Ich liege etwa drei Stunden wach bis der Wind weniger wird. Kurz darauf beginnt es zu regnen und ich falle etwa um 01.00 in den lang ersehnten Schlaf.

5. Tag – Bahia Cabo de Hornos bis El Chalten Guardaparque

Huemul Trek Tag 5: Distanz : 20km – Aufstieg: 530Hm / Abstieg: 390Hm Dauer: 7h 30min

Fünf Uhr und wiedermal reisst mich der Regen aus dem Schlaf. Ich habe kaum geschlafen. Erst der ungezähmte Wind bis spät in die Nacht. Anschliessend der Regen welcher ununterbrochen auf mein Zelt prasselte. Ich drehe mich noch einige Male in meinem Schlafsack und beschliesse dann langsam mein Hab und Gut zu packen und mich vorzubereiten auf den heutigen Tag.

Laut meinem Wanderbuch gibt es heute mindestens 2 Bäche zu durchqueren.

So entscheide ich mich gleich zu Beginn meine Crocs zu tragen. Erstens um meine Füsse und Knie zu schonen und um nicht schon in einem Kilometer die Wanderschuhe zu wechseln. Kurz bevor ich starte beginnt sich der Regen zu verziehen. Auf geht’s Richtung Ziel. Nach einigen hundert Metern blicke ich nochmal auf meinen Schlafplatz zurück und sehe wieder einen Regenbogen. Was für einen wunderbaren Start in den Tag.

Nach einem Tag Ruhe geht es meinen Knien und Sehnen wieder so gut, dass ich mich dazu entscheide die Crocs nicht gegen die Wanderschuhe zu tauschen.

Durch sumpfiges Gelände, gefolgt von einigen kurzen Regenschauern geht es gemütlich Richtung Bahia Tunel.

Hier wird das Gelände wieder von grünen Pflanzen und Gräser bewohnt und von weitem sehe ich einige Kühe. Der heutige Tagesabschnitt verläuft ruhig und ohne grosse Gefahren. Nach einigen Stunden gelange ich zur letzten Hürde dieser Wanderung.

Zum zweiten mal stellt sich mir der Rio Tunel in den Weg und wieder muss ich ihn mit der Tirolesa überqueren. Am Ufer des Flusses angekommen bereite ich mich noch einmal für die «Kletteraktion» vor. Ich verpacke alles fein säuberlich. Befestige alle Gegenstände an meinem Rucksack und schliesse meine Reissverschlüsse. Meinen Aluminium Karabiner hänge ich an den Pulley, den eisernen ans Stahlseil und den Rucksack habe ich dieses mal direkt an meinem Rücken.

Nochmal ein letzter Check, und los geht’s!

Diese Stelle des Flusses ist um einiges länger als die Überquerung am ersten Tag. Mit dem Blick stetig ans andere Ufer gerichtet ziehe ich mich langsam über den reissenden Fluss. Kurz vor Schluss bemerke ich wie die Kraft meine Arme verlässt. Ich lege eine kurze Pause ein und versuche es noch einmal. Mit aller Kraft versuche ich mich die letzten Meter bis auf die andere Seite zu ziehen. Geschafft! Ich habe wieder festen Boden unter den Füssen. Bevor ich mich losmache brauche ich einige Sekunden um mich zu erholen. Ich atme einige male tief durch. Stolz und voller Freude geht’s mit schnellem Schritt voran. Zurück in die Zivilisation. «Es wird Zeit den Huemul Trek abzuschliessen» sage ich mir selbst.

Für einen kurzen Moment habe ich ein Gürteltier als Begleiter.

Über einige Kuhweiden geht’s weiter Richtung Hauptstrasse. Je mehr ich mich dem kleinen Dorf El Chalten nähere umso mehr wird mir klar was hier los sein muss. Die Hauptstrasse welche zu dieser Jahreszeit voll von Touristen und Reisecars wäre ist leer. Kein einziges Fahrzeug sehe ich. Den letzten Kilometer entlang der Hauptstrasse überkommt mich ein merkwürdiges Gefühl. «Was ist hier los?» denke ich. Hat der Corona Virus das ganze Dorf in seiner Hand? Sind alle Menschen geflüchtet, oder wurde hier alles gesperrt?

Meine Beine beginnen wieder zu Schmerzen, doch ich erhöhe mein Tempo trotzdem.

Von weitem sehe ich unseren Van Paco. Meine Gedanken kreisen um Patricia. Ich hoffe alles ist in Ordnung. Als ich unseren Campingplatz erreiche öffne ich die Türe. Patricia erschrickt und fragt mich ob ich Menschenkontakt hatte. Ich verneine und umarme sie mit aller Kraft. Glücklich und zufrieden lasse ich mich in unseren Van fallen. Voll von wunderschönen Erlebnissen und Eindrücke möchte ich den Rest des Tages ausklingen lassen. Doch das ist leider nicht möglich.

Patricia erzählt mir die ganze Geschichte um den Corona Virus. Der Park sei geschlossen, sowie auch der Huemul Trek und wir müssen El Chalten verlassen. Ich solle mich sobald als möglich beim letzten zurückgebliebenen Park-Wächter melden und das Dorf alsbald verlassen. Doch dies ist eine Geschichte fürs nächste mal…

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